Cesare Sterken

Irreführende Landschaften

Die Malerei von Maria Sainz Rueda versteckt mehr als sie zeigt.
Ein Interview. 2014

3VIERTEL: Wie sind Sie aufgewachsen und welchen Einfluss hatte die spanische Abstammung, beziehungsweise der Lebensweg der Eltern, auf Sie?

Maria Sainz Rueda: Ich bin in einer spanischen Community in Walldorf, einem Ort nahe Heidelberg aufgewachsen. Meine Muttersprache ist spanisch, deutsch habe ich erst in der Schule gelernt.
Meine Eltern sind spanische „Gastarbeiter“, die in der wohlhabenden süddeutschen Region arbeiteten. Mein Vater hat in Baufirmen und meine Mutter bei einem Druckmaschinenhersteller gearbeitet.

3VIERTEL: Gab es da nicht einen Konflikt, wenn die Tochter die finanzielle Unsicherheit eines Künstlerlebens auf sich nimmt?

Maria Sainz Rueda: Meinen Eltern ging es immer um finanzielle Absicherung. Von daher entspricht mein Weg natürlich nicht dem meiner Eltern.

3VIERTEL: An welchem Punkt in Ihrem Leben haben Sie den Entschluss gefasst, mit der Kunst zu leben?

Maria Sainz Rueda: Das ist keine Entscheidung, die ich an einem Tag getroffen habe. Ich habe mich immer wieder dafür entschieden. Heute stelle ich das nicht mehr in Frage, jetzt ist der künstlerische Zweifel ein großer Antrieb für meine Arbeit. Fest steht, dass der Drang, mich künstlerisch zu äußern, schon immer da gewesen ist. Es war nicht immer die Malerei, aber heute fühle ich mich in ihr zuhause.

3VIERTEL: Wie haben Sie es dann geschafft, in Leipzig an der HGB im Fach Malerei angenommen zu werden?

Maria Sainz Rueda: Ich habe mich mit Portraits in Acryl auf Papier in Dresden und Leipzig beworben. Noch während der Bewerbungen war mir und meinem Freund klar, dass wir lieber in Leipzig studieren wollten. Zum Glück konnte ich mich dann für Dresden oder Leipzig entscheiden.

3VIERTEL: Nach dem Glück dieser Entscheidung zwischen den zwei Hochschulen ihrer Wahl hatten Sie auch noch das Glück, von den zwei großen Figuren der Leipziger Malerei, Arno Rink und Neo Rauch zu lernen. Wie waren diese?

Maria Sainz Rueda: In die Fachklasse für Malerei von Prof. Rink aufgenommen zu werden, war für mich tatsächlich ein Glücksfall. Ich habe wirklich viel gelernt von ihm. Sätze wie „Man muss jeden Quadratzentimeter der Leinwand im Blick haben und Verantwortung dafür übernehmen“ waren sehr prägend.
Als ein paar Jahre später Neo Rauch die Klasse von Arno Rink übernahm, kam nochmal ein anderer Zugang zur Malerei ins Spiel. Neo Rauch ist ein guter Beobachter. Das gilt für den Menschen, die Leinwand und auch das, was zwischen der Leinwand und dem Künstler passiert.

3VIERTEL: Wie ist ihre Arbeitsweise? Arbeiten Sie immer nur konkret aktuell und ausstellungsbezogen oder gibt es auch Werke, die zunächst keine Verwendung finden?

Maria Sainz Rueda: Derzeit habe ich zwei Bilder für die nächste Ausstellung in Arbeit, die mit anderen Arbeiten ab dem 1. Oktober in der Galerie Artemio in der Erich-Köhn-Straße zu sehen sein werden, und mehrere Bilder für die darauf folgende Ausstellung. Aber natürlich arbeite ich permanent an Bildern, ob gerade Ausstellungen geplant sind oder nicht. Was meine Arbeitsweise angeht, male ich seit vielen Jahren mit Öl auf Leinwand. Ich male immer parallel an mehreren Bildern. Meine Motive entlehne ich zum Beispiel fotografischen Vorlagen, die ich im Arbeitsprozess verändere und mit anderen Ideen kombiniere, aber etwa auch der Erinnerung an spezifische Orte, Formen und Begebenheiten. In meinen Zeichnungen und Lithografien spielt der gelenkte Zufall eine große Rolle.

3VIERTEL: Bei ihrer Malerei finde ich immer die Landschaftsmalerei als Motiv. Was ist die Landschaft für Sie?

Maria Sainz Rueda: Mit Landschaftsmalerei beschäftige mich seit vielen Jahren. Anfangs lief die Beschäftigung mit Landschaft parallel zu meinen Figurenbildern. Dann begann ich die Landschaft, den Raum, die Bildbühne zum Hauptdarsteller zu machen. Die Frage, was „die Landschaft“ für mich ist, kann ich nicht eindeutig beantworten. Die Landschaft in meinen Bildern ist vielleicht eine Projektionsfläche. Sie versteckt mehr als sie zeigt und sie wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Sie scheint mir so mehrdeutig wie irreführend.

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